Trotz der politischen Debatte über Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern ist die Lücke in den Gehältern nicht kleiner geworden, sondern weiter gewachsen. Laut der neuen Verdienststuktur-Erhebung des Statistischen Bundesamtes bekamen Männer im Schnitt monatlich 1.192 Euro mehr Bruttogehalt als Frauen. Damit ist die Differenz vier Euro größer als vier Jahre zuvor. Das geht aus einer Antwort der Behörde auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch) vorliegt. Der Durchschnittsverdienst insgesamt wird dabei mit 2.766 Euro angeben.
Die geschlechtsspezifische Kluft in den Gehältern zeigt sich besonders bei den Top-Verdienern: Von den rund 3,9 Millionen Menschen hierzulande, deren Monatsgehalt bei brutto 5.100 Euro oder darüber liegt, sind rund 3,12 Millionen Männer und nur 802.000 Frauen. Das ist ein Männeranteil von 79,5 Prozent. Noch gravierender unterrepräsentiert sind Frauen unter den Spitzenverdienern, die 12.100 Euro brutto und mehr im Monat beziehen. In dieser Liga gibt es 158.000 Männer und 23.000 Frauen. Das entspricht einem Männeranteil von 87,3 Prozent.
Umgekehrt sind die Frauen in den unteren Einkommensregionen in der Überzahl: Weniger als den Durchschnittsverdienst von 2.766 Euro erhalten demnach rund 12,5 Millionen Frauen und 8,3 Millionen Männer. Das entspricht einem Frauenanteil von 60,1 Prozent an denen, die hierzulande unterdurchschnittlich verdienen. Insgesamt verdienen rund 12,5 Millionen oder 68 Prozent von den insgesamt 18,3 Millionen erwerbstätigen Frauen unterdurchschnittlich.
Die Zahlen werden zeitverzögert gemeldet, weshalb die jüngste Erhebung von Ende 2020 stammt und die Daten darin von 2018. Die Erhebung wird alle vier Jahr vorgenommen und kommt zum nächsten Mal im Jahr 2024.
Die Linke fordert angesichts der Zahlen staatliches Eingreifen vor allem mit Blick auf die Berufe, in denen besonders viele Frauen arbeiten. "Wer wirkliche Gleichstellung will, muss die Lohnfrage ins Zentrum der Politik rücken", sagte Eva von Angern, Frauen- und Gleichstellungspolitikerin der Linken. "Leistung lohnt sich besonders für Frauen zu wenig." Eine Mehrheit von ihnen verdiene in Deutschland zu wenig, so von Angern, die auch Linken-Fraktionschefin in Sachsen-Anhalt ist. "Berufe, in denen typischerweise Frauen arbeiten, sind strukturell unterbezahlt: Verkäuferinnen, Erzieherinnen, Pflegekräfte."
Die Politikerin fügte hinzu: "Wir brauchen ein höheres Lohnniveau in den sogenannten Frauenberufen und wir müssen die Menschen aus den Niedriglohnjobs holen." Dass nur 20 Prozent der Gutverdienenden weiblich sind und 68 Prozent aller Frauen unter dem Durchschnittslohn liegen, sei "inakzeptabel und ein Armutszeugnis für Geschlechtergerechtigkeit in Deutschland", sagte von Angern. (KNA)